Wolfgang Dippold und seine PROJECT Gruppe verzichten auf Fremdkapital
IMMOBILIEN AKTUELL (IA): Sie sind der Meinung, dass kleinere und mittlere Bauträger und Projektentwickler sukzessive aus dem Markt gehen werden. Warum?
Wolfgang Dippold (WD): Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen wird die Wettbewerbssituation um attraktive Grundstücke, die sich für eine Immobilienentwicklung eignen, angesichts der immensen Nachfrage nach Wohnimmobilien, immer härter. Die Folge: Weiter steigende Kaufpreise in den Metropolregionen erschweren insbesondere für kleinere und mittlere Bauträger den Zugang zu bezahlbaren Baugrundstücken, da sie mehr und mehr Fremdkapital einsetzen müssen und oft nur über ein eingegrenztes Einkaufsnetzwerk verfügen. Zudem wird sich die Vorgehensweise bei Immobilienentwicklern verändern. Die großen Entwickler setzen auf Digitalisierung, Standardisierung, Lean-Management und weitere kosteneffiziente Prozesse, um die Verkaufspreise bezahlbar zu halten. Dies ist für kleinere Entwickler finanziell oft schwer darstellbar. Aus unserer Sicht wird es auch künftig kleinere und mittlere Bauträger in den Regionen geben, allerdings werden einige wenige große bundesweite Player den Markt dominieren.
IA: Die Player, die im Markt bleiben, werden aufgrund der stetig wechselnden Bedingungen nicht einfach so weiterarbeiten können. Was muss anders werden?
WD: Deutschland braucht bezahlbare Neubauwohnungen. 2035 werden wir 43,2 Millionen Privathaushalte haben. Das sind 2,4 Millionen mehr als 2015 gezählt wurden. Insofern sind die Städte und Gemeinden aufgefordert, Bauland auszuweisen und Baugenehmigungen beschleunigt zu bearbeiten. Ein erhöhtes Wohnungsangebot würde den Preisdruck reduzieren und den aktiven Marktteilnehmern bessere Existenzbedingungen ermöglichen.
IA: Was macht einen erfolgreichen Projektentwickler aus?
WD: Besonders wichtig ist die Fähigkeit eines Immobilienentwicklers, Wohntrends frühzeitig zu erkennen und die Kundenwünsche hinsichtlich attraktiver Grundrisse, Komfort und Ausstattungsdetails umzusetzen. Die Einhaltung der prognostizierten Baukosten, die Steuerung und Qualitätskontrolle aller beteiligten Gewerke sowie die Umsetzung der Bauzeitpläne ist ebenso erfolgsentscheidend wie der sichere Verkauf der entwickelten Wohnungen. PROJECT beispielsweise verkauft bereits vor Beginn der Bauphase ausschließlich über eigene fest angestellte Verkaufsteams. Gegenüber dem Maklervertrieb hat das den entscheidenden Vorteil, dass sich unsere eigenen Verkäufer von vornherein verpflichten, auch die letzte Wohnung erfolgreich zu veräußern.
IA: Welche Bedeutung hat eine ausgiebige Due Diligence für das Objekt und für die Rendite?
WD: Die Due Diligence muss im Rahmen einer professionellen Immobilienentwicklung Grundlage vor jeder Ankaufsentscheidung sein, da hier die Chancen und Risiken genauestens untersucht werden. Für unser Haus gilt: Analysiert wird nicht nur die Grundstückslage – es gehen auch zahlreiche Einzelfaktoren in die Bewertung ein wie die Art der umgebenden Bebauung, Nahversorgungsmöglichkeiten, Freizeit- und Bildungsangebot, medizinische Versorgung, öffentliche Verkehrsanbindung und soziodemographisches Umfeld. Darüber hinaus werden die zu erwartenden Kosten beispielweise für den Abriss bestehender Gebäude, eventuelle Bodensanierungsmaßnahmen oder spezielle städtebauliche Auflagen einkalkuliert. Um die höchstmögliche Transparenz zu gewährleisten, ist im Rahmen der Due Diligence-Prüfung für jedes Investitionsobjekt ein Wertgutachten eines öffentlich vereidigten Sachverständigen einzuholen. Da diese Anforderung verbindlich in den Investitionskriterien festgeschrieben ist, wird die gesetzliche PROJECT-Verwahrstelle – die CACEIS Bank – den Ankauf erst gestatten, wenn das Gutachten eines öffentlich vereidigten Sachverständigen die Werthaltigkeit und Entwicklungsperspektive bestätigt. Nur wenn eine Objektrendite von mindestens 12 Prozent pro Jahr auf das eingesetzte Kapital prognostiziert wird, darf bei PROJECT der Ankauf eines Baugrundstückes erfolgen.
IA: Hohe Renditen können heute nur noch mit so genannten steinernen Sahnehäubchen erzielt werden. Wie findet man die? In der Hugo-Cassirer-Straße in Spandau wird ein Wohnneubau realisiert. Foto: PROJECT Immobilien Wohnen AG
WD: Indem man regional bestens vernetzte Akquisiteure verpflichtet und intensive, langfristig ausgerichtete Research-Arbeit verrichtet, um Wachstumsmärkte frühestmöglich zu erkennen. Im Einkauf liegt der Gewinn.
IA: Bei Ihren Fonds handelt es sich ausschließlich um eigenkapitalbasierte Beteiligungsangebote. Welche Vorteile bietet das für Investoren und Anleger?
WD: Die Aufnahme von Fremdkapital auf Fonds-, Beteiligungs- und Objektebene haben wir bei unseren Immobilienentwicklungen strikt untersagt, da Fremdfinanzierung ein Sicherheitsrisiko darstellt. Tatsächlich benötigen unsere Fonds keinen Fremdfinanzierungshebel, da wir bereits während der Bauphase die entsprechenden Mittelzuflüsse von Kaufpreisteilzahlungen durch die Käufer erhalten. Die Investoren sind so immer an erster Rangstelle im Grundbuch besichert. Zudem macht uns Eigenkapital im Einkauf schnell. Wir können die fälligen Kaufpreiszahlungen sofort leisten, was uns einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Anbietern verschafft, die erst die Finanzierung klären müssen.
IA: Das Scope Ratingkomitee erteilte Ihrem Unternehmen ein sehr gutes »AA-« und somit einen Anstieg von zwei Stufen gegenüber dem Asset Management Rating von 2014. Was bedeuten solche Bewertungen und wie relevant sind sie?
WD: Scope ist ein anerkanntes unabhängiges Analysehaus mit ausgewiesenen Fondsexperten, die bei ihren Asset Management Ratings tief ins Innere eines Unternehmens schauen und die Wertschöpfungsprozesse akribisch durchleuchten. Für Investoren bildet ein Asset Management Rating eine wichtige Entscheidungsgrundlage, dennoch sollte jeder Anleger vor seiner Investitionsentscheidung für sich selbst die folgenden drei Fragen mit »ja« beantworten können: Verstehe ich das Investitionskonzept? Hat der Anbieter Expertise und kann langjährige Erfolge nachweisen? Und – vertraue ich den handelnden Personen?

Wolfgang Dippold
Finanzkaufmann · Jahrgang 1961