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Von A nach B

Die Immobilienpreise in den deutschen Metropolen brechen alle Rekorde. Dass die Mieten diesem Anstieg bei Weitem nicht folgen konnten, mindert die Rendite von Investoren bei Neuengagements in den Top-Standorten erheblich. Ausgesuchte B-Lagen rücken nun in den Fokus.

München-Haidhausen galt bis in die 1980er-Jahre aufgrund seiner ärmlichen Verhältnisse als »Glasscherbenviertel«. Damals dachte niemand daran, dass dort, wo Industrieareale das Stadtbild prägen, wenige Jahre später begehrte Wohnlagen entstehen würden. Dann kamen die Bagger und Abrissbirnen. Sie stampften die alten Anlagen ein. Ein Kulturzentrum wurde gebaut, Wohngebäude saniert. Aus maroden Altbauwohnungen wurden moderne, attraktive Lebensräume.

Heute gehört der im Herzen Münchens gelegene Stadtteil zu den gefragtesten und teuersten Pflastern an der Isar. Das macht sich an den Quadratmeterpreisen deutlich bemerkbar. Die liegen mittlerweile bei bis zu 8568 Euro. Wie das Research-Unternehmen PWIB unlängst ermittelt hat, ist Haidhausen damit gegenwärtiger Spitzenreiter bei den Quadratmeterpreisen von Münchner Eigentumswohnungen.

Der Wandel von Haidhausen steht beispielhaft für die Aufwertung eines Stadtteils durch gezielte Entwicklung. Was heute noch schwer verkäuflich scheint, kann unter günstigen Verhältnissen in wenigen Jahren prosperieren. Die Momentaufnahme eines Viertels sagt eben nicht alles über seine künftige Entwicklung. Vielmehr wirken Faktoren wie die Wirtschaftskraft, die Infrastruktur und die Zukunftsprognose unter Berücksichtigung demografischer Entwicklungen einer Region als maßgebliche Kriterien, nach denen Investitionen in Immobilien geprüft werden sollten. Bislang standen sogenannte »Core«-Immobilien im Anlegerfokus, weil sie als besonders sicher gelten. Core-Objekte befinden sich hauptsächlich an hoch attraktiven Standorten innerhalb der Innenstadtlagen oder zentraler Hauptlagen der bedeutenden Großstädte.

Diese erstklassigen Standorte, sogenannte A-Lagen, sind einmalig und entsprechend begehrt. Denn dort kann immer mit einer Vermietung oder einem hohen Wiederverkaufswert gerechnet werden. Meist handelt es sich dabei um hochwertige Bestandsgebäude, die langfristig an bonitätsstarke und namhafte Mieter vermietet sind und laufend Überschüsse erwirtschaften.

Die Ertragssicherheit geht mittlerweile allerdings mit hohen Kaufpreisen einher. Dadurch sinken die erzielbaren Anfangsrenditen. Im Schnitt liegen sie heute nur noch zwischen vier und 5,5 Prozent pro Jahr vor Kosten, im reinen Wohnbereich inzwischen sogar deutlich darunter. Nach Kosten wird es dadurch schwierig, mit den laufenden Erträgen zumindest die Inflationsrate zu erwirtschaften.

Damit stehen Investoren am Immobilienmarkt heute grundsätzlich vor einem ähnlichen Problem wie Anleger in Anleihen. Erstklassige Qualität bringt keine auskömmliche Rendite mehr. Und auch die Chancen auf Wertsteigerungen scheinen mittlerweile begrenzt.

Schon jetzt sieht die Bundesbank in einer aktuellen Studie Anzeichen für eine mögliche Überbewertung von Wohnimmobilien. Gerade in Ballungsräumen sei es zu Preissteigerungen gekommen, die sich »fundamental nur noch schwer rechtfertigen lassen«. In den attraktiven Großstädten – Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf – würden die Preise um bis zu 20 Prozent über dem mit demografischen und ökonomischen Faktoren erklärbaren Niveau liegen.

Die als Mantra gepriesene Definition der drei wichtigsten Kriterien für die Attraktivität einer Immobilie – Lage, Lage, Lage – sollte deshalb um zwei Adjektive erweitert werden: bezahlbar und entwicklungsfähig. Nur wenn der Wohnraum bezahlbar bleibt, werden Investoren eine vernünftige Rendite erzielen können. Und hat der Stadtteil Potenzial, ist das die beste Voraussetzung für künftige Wertsteigerungen.

Entsprechend ziehen sich Investoren nun vorsichtig aus diesen Top-Lagen zurück. Für sie gilt, ähnlich wie bei Wertpapieranlagen: Wer Rendite sucht, muss höhere Risiken in Kauf nehmen. Dies finden sie zunehmend in guten B-Lagen. Eine Strategie der Optimierung von Chance und Risiko besteht aber nicht nur in der Diversifizierung der Immobilienanlage auf Objekte in verschiedenen Regionen. Auch eine Mischung von Bestandsimmobilien und Immobilienentwicklung hilft weiter.

Im Gegensatz zur Investition in ein Bestandsobjekt setzt der Anleger bei einem Engagement in der Immobilienentwicklung an der Quelle der Wertschöpfung an – bei Planung und Bau oder im Bereich der Kernsanierung einer Immobilie. Angesichts der weiter wachsenden Nachfrage nach bezahlbarem, attraktivem Wohnraum ist das ein interessantes Geschäft. Dafür sorgt allein schon die steigende Zahl von Privathaushalten in Deutschland – bis 2025 soll nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts ein Zuwachs um 400 000 auf 41,1 Millionen erfolgen.

Weil diese »neuen« Eigennutzer sich angesichts der hohen Preise in den Top- Standorten künftig vermutlich ebenfalls verstärkt auf gute B-Lagen konzentrieren werden, entsteht dort ein besonders attraktives Umfeld für Immobilienentwickler. Ausgesuchte B-Lagen bieten nach erfolgreicher Entwicklung heute sehr gute Verkaufsaussichten – mit dem Unterschied, dass die Anfangsinvestition um bis zu 50 Prozent geringer als in A-Lagen ausfällt.

Das ist nicht nur für Käufer positiv. Auch Investoren profitieren. Denn diese Preisabschläge können unmittelbar an die Anleger weitergegeben werden, die damit in den B-Entwicklungen eine deutlich höhere Rendite realisieren.

Sogar unter dem Aspekt der Wertsteigerung rücken diese Lagen immer stärker in den Vordergrund. Es gebe, schreiben die Experten der Deutschen Bundesbank, mittlerweile »klare Hinweise für eine Ausbreitung des Preisanstiegs von den Städten ins Umland«.
Und wer weiß: Eine gute B-Lage kann sich innerhalb weniger Jahre auch zu einer A-Lage entwickeln, wenn die regionalen Faktoren passen.

Wie das Beispiel Haidhausen zeigt, kann dieser Wandel sogar dramatisch verlaufen. Auch in Zukunft ist zu erwarten, dass heute noch völlig unattraktive Stadtteile bei hohem Nachfrageüberhang mittelfristig zu B- oder gar zu A-Lagen werden.

Eine Streuung des Kapitals auf viele Objekte – in unterschiedlichen Lagen und unterschiedlichen Metropolen – sowie auf Anlagen in verschiedenen Lebenszyklen der Immobilie reduziert nicht nur das Risiko im Portfolio. Die Diversifizierung sorgt auch dafür, dass Immobilien weiter unter Renditegesichtspunkten interessant bleiben.

Immobilien – im internationalen Vergleich günstig

Einer aktuellen Marktanalyse des Maklerhauses Engel & Völkers zufolge pendeln sich die Immobilienpreise in Deutschland aktuell auf einem hohen Niveau ein.

Das muss nicht bedeuten, dass der Immobilienboom in Deutschland schon vorbei ist. Immobilien sind zwar im Vergleich zu den Preisniveaus von vor fünf Jahren »teuer« geworden. Doch im internationalen Vergleich scheint noch einiges an Luft nach oben zu sein: In London kostet der Quadratmeter gemäß Knight Frank Research zum Beispiel zwischen 30 660 und 33 879 Euro, in Paris zwischen 18 510 und 20 485 Euro. Und in New York werden Quadratmeterpreise zwischen 15 049 und 17 632 Euro aufgerufen. Selbst im Münchner Nobelviertel Nymphenburg erreichen die aktuellen Spitzenpreise nur rund ein Drittel der Londoner Marke und liegen bei bis zu 10 361 Euro im Bereich von Einfamilienhäusern.

Dagegen scheint Wohnen in den A-Lagen Berlins noch vergleichsweise günstig. In Grunewald kostet der Quadratmeter bis zu 5696 Euro, also rund 45 Prozent weniger als in München.