An die Quelle der Immobilien-Wertschöpfung
Investments in Immobilienentwicklung als Alternative für Stiftungen?
Es ist ein Freitagvormittag, Anfang Juni, als ich durch das früh-sommerliche Berlin fahre. Die Innenstadt ist aufgrund eines Rennradturniers abgesperrt. Während ich kaum merkbar mit meinem Auto vorankomme, habe ich viel Zeit mir die Straßenzüge der Berliner Innenstadt anzusehen: Es wimmelt vor Baukränen, Baufahrzeugen, Bauabsperrungen und Bauarbeitern. Jede noch so kleine Baulücke scheint geschlossen oder bestehende Bauten saniert zu werden. In unmittelbarer Nähe des Bundesrats, am Leipziger Platz, entsteht ein neues Einkaufszentrum mit Platz für 200 Geschäfte, ein Hotel und Büros im Wert von über 450 Mio. EUR. Am gleichen Nachmittag zeigt sich dasselbe Bild im Herzen der Stadt. Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, als ich zu Fuß vom Brandenburger Tor Richtung Fernsehturm gehe. Es herrscht überall Baueuphorie in der deutschen Hauptstadt. Und nicht nur hier. Ganz Deutschland ist (scheinbar) im Immobilienfieber.
250.000 Wohnungen fehlen
Berlin steht hier sinnbildlich für die Metropolen Deutschlands. An vielen Ecken wird gebaut und das ist auch nötig. Der Mieterbund hat ausgerechnet, dass bereits jetzt 250.000 Wohnungen hierzulande fehlen. Vor allem in den Metropolregionen herrscht akuter Wohnungsmangel. Seit vielen Jahren deckt das Volumen an Neubauaktivitäten nicht den tatsächlichen Bedarf an Wohnraum. Frühestens im Jahr 2016 sei in Deutschland mit rund 246.000 fertiggestellten Wohnungen in neuen Wohngebäuden zu rechnen, kalkulieren die Bauexperten des Münchener Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo. Doch bis dahin steigt der Bedarf durch Zuwanderung und Zunahme von Single-Haushalten nochmals und verschärft den Wohnungsmangel. Das wiederum treibt die Wohnungspreise und folglich die Mieten weiter in die Höhe. Im Ranking der höchsten Mietpreissteigerungen bei Neuvermietungen führt Hamburg mit einem Plus von 27 % die Statistik von 2007 bis heute an. Berlin verzeichnet ein Plus von 20 %, in Frankfurt sind es 15 %. In München, das bereits auf dem höchsten Mietpreisniveau Deutschlands liegt, stiegen die Mieten im gleichen Zeitraum immerhin um 13 %.
Suche nach Alternativen
Der Immobilienmarkt vor allem bei den Wohnimmobilien wird also immer enger, und attraktive Lagen sind zunehmend vergriffen. Verantwortlich dafür sind sowohl Anleger als auch Eigennutzer, die aufgrund mangelnder Investmentalternativen neue Investitionsobjekte oder eigengenutzte Objekte als Direktinvestment oder über einen Immobilienfonds erwerben. Gerade deutsche institutionelle Anleger sehen sich dadurch im Investitionswettbewerb mit der größer werdenden Schar von Eigennutzern, privaten Kapitalanlegern und ausländischen Großinvestoren. So auch Stiftungen. Diese sind verstärkt dazu übergegangen, einen zunehmend größeren Anteil ihres Portfolios in vermietete Bestandswohnimmobilien in guten Lagen ausgewählter Metropolregionen zu investieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Investition ist abgesichert, denn in entsprechenden Lagen ist das Risiko eines Preisverfalls des Objektes überschaubar. Außerdem beschert das Kapital der Stiftung einen permanenten Liquiditätszufluss aus dem Überschuss der Mieteinnahmen und damit positive Renditen – vor dem Hintergrund der Problematik von nicht mehr inflationssicheren Bundesanleihen ein wichtiger Stabilitätsanker für Stiftungsportfolios. Inzwischen sind attraktive Angebote gerade in den Metropolregionen allerdings rar und die Frage nach Alternativen wird immer häufiger gestellt.
Quelle der Wertschöpfung
Bestandsimmobilien stellen Stiftungen in steigenden Marktphasen zudem vor Herausforderungen, wenn es darum geht, neue Objekte zu lokalisieren, zu erwerben und im eigenen Portfolio zu verwalten. Die Qualität der Angebote sinkt und so steigen die Nachvermietungsrisiken, die Verwaltungs- und auch die schwer einzuschätzenden Revitalisierungskosten der Immobilie. Diese Kostensteigerungen können nach Jahren die Rendite massiv schmälern. Aus diesem Grund sollten auch Stiftungen vermehrt über Alternativen nachdenken, mit denen die Immobilienquote im Stiftungsvermögen sinnvoll abgedeckt werden kann. Das Thema Immobilienentwicklung rückt in diesem Zusammenhang stärker in den Fokus, da den dort zusätzlich gegebenen Baurisiken attraktive Gewinne gegenüberstehen. Die Quelle der Wertschöpfung liegt nun mal in der Planung und im Bau beziehungsweise der Sanierung einer Immobilie. Nur zu diesem Zeitpunkt wird die höchste Wertsteigerung erzielt.
Risiken gezielt minimieren
Entscheidend für die Stiftung als Investor ist allerdings eine starke Beschränkung der Risiken, die nicht generell im Immobilienentwicklungsbereich gegeben ist. Insofern bietet sich nur dann die Beteiligung an einem Immobilienentwicklungsfonds an, wenn das Investitionskonzept die Risiken deutlich reduziert. Hierzu gehört in erster Linie der Verzicht auf Fremdfinanzierungen, die üblicherweise bei Projektentwicklungen zum Einsatz kommen. In zweiter Linie sind Einstiegskonditionen beim Objekteinkauf ohne Zwischengewinn entscheidend und auch, dass der Entwickler alle Schritte der Wertschöpfung selbst abdecken und somit möglichen Abweichungen schnell und effizient entgegensteuern kann. Wird die Immobilienentwicklung so in ein niedrigeres Risikoprofil verlagert, lässt dies die Beteiligung an einer Immobilienentwicklung – bei gleichzeitiger Nutzung des Marktzugangs – zu einer ernstzunehmenden Alternative für Stiftungen werden.
Eigenkapitalstrategie im Fokus
Projektentwickler, die vollständig auf den Einsatz von Fremdkapital auf Fonds-, Zielfonds- und Objektebene verzichten und dieses sogar aktiv in ihren Investitionskriterien ausschließen, sind in Deutschland handverlesen. Gleichwohl sollten Stiftungen auf ein paar Kriterien einen genaueren Blick werfen, um unliebsame Überraschungen bei ihrem Investment in die Immobilienentwicklung zu vermeiden. Der Anbieter sollte einen langjährigen lückenlosen Leistungsnachweis, den so genannten Track Record, erbringen können. Und das auch nicht nur auf einen Standort beschränkt, sondern beispielsweise auf Deutschland bezogen, am besten bundesweit. Insofern eine Stiftung zudem in einen Fonds für Immobilienentwicklung investieren will, sollte der Anbieter in diesem speziellen Feld schwerpunktmäßig vor allem in den Phasen Neubau und Sanierung aktiv sein, da hier die Wertschöpfung im Lebenszyklus einer Immobilie am größten ist. Dazu sollte das Anlegerkapital je Fonds in mehrere hochwertige Objekte gestreut werden, um mögliche Klumpenrisiken zu minimieren.
Auf was eine Stiftung noch achten sollte
Für Stiftungen auch wichtig zu wissen, ist der Beginn der Mittelverwendung in solch einem Fonds. Optimalerweise verkauft der Fondsanbieter bereits vor Beginn der Bauphase über angestellte Verkaufsteams in eigenen Niederlassungen vor Ort, insbesondere an Eigennutzer. Dies verpflichtet zu einer hohen Bau- und Lagequalität. Zudem sollte die Bautätigkeit erst dann beginnen, wenn zum Beispiel 30 oder 40 % der Wohnungen auch tatsächlich veräußert wurden. Insofern der Fondsemittent über incentivierte, eigene Verkaufsteams verfügt, kann zudem gewährleistet werden, dass auch die letzte Wohnung planmäßig abverkauft wird. Ferner sollte der Anbieter nach Möglichkeit auch alle Bereiche der Wertschöpfungskette eigenständig abdecken. Dazu gehört ein konsequentes Controlling, das tagesgenaue Soll/Ist-Auswertungen erlaubt. Die Qualität eines erfolgreichen Immobilienentwicklers zeigt sich auch daran, dass in seiner Historie noch nie ein Objekt negativ abgeschlossen wurde. Stiftungen sollten vor einer Investition prüfen, ob ihre Interessen und jene des Entwicklers bzw. Fondsemittenten komplett identisch sind. Falls die Gewinnbeteiligung des Managements bereits vor den erfolgreichen Objektabschlüssen erfolgt, ist Vorsicht geboten. Eine erfolgsabhängige Vergütung hat stets nach finalisierten Projekten zu erfolgen.
Fazit
Die Immobilienentwicklung kann also über Alles betrachtet eine interessante Alternative im Rahmen einer Immobilienquote in einem Stiftungsvermögen sein. Stiftungen diversifizieren hier nicht nur nach Objektart, sondern auch nach der Wertschöpfung im Rahmen eines Immobilieninvestments. Einige Punkte wie der Track Record des Fondsemittenten oder die Interessenidentität zwischen Stiftung und Emittent sind zu beachten und von der Stiftung aktiv zu hinterfragen. Können die Fragen beantwortet werden, kann an der Quelle der Wertschöpfung einer Immobilie durchaus mehr vereinnahmt werden als bei einer Bundesanleihe. Dann hätte das Umdenken die richtigen Ergebnisse produziert.